Flores West

Berge, Berge, Berge, …

Nach erfolgreicher Verlängerung des Visums starten wir auf der Insel der Berge und Blumen. Zahlreiche Passstraßen lassen uns schwitzen. Um es gleich zu gestehen, wir haben hin und wieder die Hand rausgehalten und sind hochgefahren worden.
Flores ist noch viel uriger und grüner als die westlichen Inseln Nusa Tengaras. Überhaupt ist Flores sehr vielseitig. Grüner dichter Dschungel und karge Steilküste, Christen und Muslime, schüchterne Kinder und Arschgrapscher, Berg rauf und Berg runter, sehr gute Straße und Schlammpiste, voll Verschleierte und Transvestiten (wobei wir nicht unter Burkas schauen …),…

Wir stehen in sehr engem Austausch mit der Bevölkerung . Mindestens 300 mal am Tag ruft jeder von uns “Hello” oder “Good afternoon”. Zu hören bekommen wir “Hello Mister/Misses” (ohne jegliche Systematik), “Good afternoon”, “Where are you going”, “Hello”. Interessanterweise gibt es regionale Cluster, wo was jeweils gerufen wird. Naja… Am Ende des Tages schwindet so ein klein wenig das Bedürfnis, auf jedes Kommunikationsangebot einzugehen. Wenn wir halten wollen, dann möglichst ausserhalb von Siedlungen, da wir sonst gleich das gesamte Dorf um uns versammeln.

Die Menschen sind sehr freundlich und rufen uns meist aufmunternde Worte und Gesten zu. Aber leider spricht hier kaum jemand Englisch. In den entlegeneren Gebieten leben die Menschen ohne fließend Wasser und Strom in Bambushütten und wir wirtschaften sehr einfach (Einbaum, Weben, Töpfern,…). Und doch hat immer wieder jemand ein Handy, bzw. haben viele einen Roller – eines der wichtigsten Fortbewegungsmittel auf der Insel.

Indonesien wird erst seit 2003 als demokratischer Staat wahrgenommen.  Das erklärt vielleicht auch teilweise,  weshalb in manchen Regionen der Fortschritt gerade erst einzuziehen scheint. Überall tauchen neue Autos auf, Strassen werden gebaut, Häuser aufgehübscht.

Manchmal geraten wir in große Kinderscharen und vermuten, dass Flores doch mehr als die landesdurchschnittlichen 2,4 Kinder/Paar hat. Überall Kinder. Und Kinder,  die Kinder auf dem Arm haben…

Und so kämpften wir uns die ersten Berge hoch. Von Ruteng im Landesinneren weichen wir spontan vom Trans-Flores-Highway ab und erkunden den Norden der Insel. Dazu gibt es wieder keine Informationen im Reiseführer und im Netz, aber in Ruteng gibt es einen netten älteren Herren, welcher als Hobby nach seiner Pensionierung von Jakarta in sein Heimatstadt zurückgezogen war und dort ein Cafe aufgemacht hat und sogar selbst Kaffee röstet. Von ihm erfahren wir, dass es in Reo an der Küste eine Pension gibt und dass der Rest der Küstenstrasse wahrscheinlich gut sei. Mit dem ersten Teil sollte er Recht behalten, mit dem zweiten nur teilweise… Nach 60km Abfahrt und einem Besuch bei dem Fundort des Homo florensiensis finden wir ein gut gepflegtes “Losmen” und mit Hilfe des Google Translators bekommen wir sogar ein Zimmer.

Weiter geht es entlang der Küste. Immer wieder rauf und runter. In glühender Hitze. Am Ende verschwindet plötzlich die Strasse und in der Dunkelheit geht es über eine Schlammpiste weiter. Wir blieben tapfer und landen bei einem Franzosen, der deutscher nicht sein könnte. Alles öko, Solarplatten auf dem Dach, Golfrasen und ein fixes Konzept für seine Lodge. Wir blieben länger und genossen die Idylle.

PS: Optimierumgsversuche bezüglich der Nachtruhe wurden an allen Orten durch bösartige Hähne zunichte gemacht, welche gegen 4:30 in der Früh die Bemühungen der Muezzine mehr als übertrafen.

211 Comments

  1. Wieder schöne Bilder, besonders das mit dem “Riesen Dirk”. Sind wirklich alle sehr klein? Habt Ihr auch schon Ostereier gesehen? Herzliche Grüße aus Dömitz auch von den Berlinern

  2. Lieber Dirk, Ich bin zur Überzeugung gelangt, dass es sich bei Eurem Reisetagebuch um die Fragmente einer Ethnographie handelt. Es macht Spass, sie zu lesen, und eigentlich sind die Beschreibungen noch eindrücklicher als die (bereits grandiosen) Photographien. Nun bist Du also auf die Seite der literarischen Wissenschaften gewechselt. (Willkommen im Club). Könntest Du noch mehr über den kaffeeröstenden älteren Herrn berichten? Wäre interessant, warum der von Jakarta zurück in seinen Heimatort gegangen ist. Gruß, k.

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